Wie werden Zuschläge kumuliert?

Was ist das Problem?

Bei vielen Projekten wird der Wasserandrang durch Zuschläge erhöht und durch Abschläge gelegentlich auch vermindert und des öfteren ist dabei mehr als eine Art von Zuschlägen im Spiel.

In Herth/Arndts gibt es, soweit ich sehe, nur eine Stelle, wo mehr als ein prozentualer Zuschlag zum Wasserandrang vorkommt: Beispiel 2 (S. 271f) behandelt eine Absenkung mit unvollkommenen Brunnen und zu den im Buch üblichen 10 % für das Leerpumpen des Absenktrichters "wird deshalb ein Zuschlag von 25 % in die Rechnung eingeführt".1 Die Autoren bestimmen den Gesamtwasserandrang so:

    Q = 0,132 m³/h
⇒ Qmax = 1,1·0,132 m³/h = 0,145 m³/h (nach Beisp. 1b, S. 261)
⇒ Qmax unv = Qmax·1,25 = 0,181 m³/h.

Die Zuschläge werden also multiplikativ kumuliert, denn es ist:
Qmax unv = 1,1·1,25·Q = 1,375·Q. "In der Summe" ergeben also 10 % Zuschlag für das Leerpumpen des Absenktrichters plus 25 % für unvollkommenen Brunnen einen Zuschlag von 37,5 %. Aber ist das auch richtig?

Argumente gegen die multiplikative Kumulierung

Aus meiner Sicht ist das Verfahren von Herth / Arndts aus mehreren Gründen falsch, auch wenn ein Gutachter es in einem Rechtsstreit als "richtig" bezeichnet hat.

Wie verfährt ProAqua?

Von der Version 1.0 (1994) bis 2011 (ProAqua 2.6) wurden die Zu- und Abschläge additiv kumuliert: 10 % Zuschlag der einen Art und 25 % Zuschlag der anderen ergeben dann 35 % Zuschlag insgesamt (und nicht 37,5 %). Warum wurde das Verfahren dann geändert?

Auch wenn ich das Verfahren nach Herth/Arndts für falsch halte - eine etwas größere Sicherheit ist weniger schlimm als eine zu geringe und schließlich hat ein Kunde einmal gesagt: "Ich werde doch nicht gegen die Literatur argumentieren ..." (es ging um die Weyrauch-Näherung in einem Fall, wo sie eklatant falsch war).

Nachtrag: ein bisschen Prozentrechnung

Folgende Zuschläge seien gegeben: 10 % für Leerpumpen des Absenktrichters, 30 % für unvollkommene Brunnen, 40 % für die Nähe offene Gewässer; der errechnete Wasserandrang ohne Zuschläge sei Q = 100 m³/h - wir rechnen wie Herth/Arndts:

10 % Leerpumpen: Q = 110 m³/h
30 % unvk. Brunnen: Qmax1 = 143 m³/h ⇒ 33 m³ infolge der Unvollkommenheit der Brunnen
40 % offene Gewässer: Qmax2 = 200,2 m³/h

Andere Reihenfolge:
10 % Leerpumpen: Q = 110 m³/h
40 % offene Gewässer: Qmax1 = 154 m³/h
30 % unvk. Brunnen: Qmax2 = 200,2 m³/h ⇒ 46,2 m³/h infolge der Unvollkommenheit der Brunnen.


1. In Beispiel 9 (S. 292f) wird der Wasserandrang durch die Nähe zu einem Gewässer erhöht, aber die Autoren rechnen hier nicht mit zwei Zuschlägen.