Grundwasserabsenkung - Ein Lehrbuchbeispiel

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v1.5 vom 10.05.23

In einem älteren Lehrwerk1 fand ich folgendes Beispiel für die Dimensionierung einer Grundwasserabsenkung.

Oberfläche   frei
Sohlentiefe
Sicherheitszuschlag Sohlentiefe
Absenktiefe
 
 
s
4,10 m
0,50 m
4,60 m
Baugrube (rechteckig) 9 m x 14 m
Abstand Brunnen-Grube 1 m
k-Wert k 0,001 m/s
Ruhewasserspiegel unter OkG 1 m
Tiefe Wasserstauer T 10 m
Eintauchtiefe der Brunnen H 10 m
Brunnenradius
r
0,35 m

 

Die mit ProAqua ermittelten Werte stimmen mit den (gerundeten) Ergebnissen des Autors überein:

Knaupe ProAqua
Reichweite R 436,0 m 436,39 m
Ersatzradius ARE 7,48 m 7,48 m
Wasserandrang Q 0,055 m³/s 0,054739 m³/s
Fassungsvermögen der Brunnen q 0,014 m³/s 0,013685 m³/s
Zahl der erforderlichen Brunnen
n
4
4

Zur Berechnung des Wasserandrangs und der Festlegung der Brunnenzahl ist in ProAqua die Vordimensionierung geeignet.

Soweit die Vordimensionierung, die auf der Dupuit-Thiemschen Brunnenformel beruht. Für die Mehrbrunnenanlage wählt der Autor die in der folgenden Abbildung gezeigte Brunnenanordnung und überprüft den Erfolg der Absenkung in der Baugrubenmitte mit dem in der Vordimensionierung ermittelten Wasserandrang. Zur Frage, ob der ungünstigste Punkt dort oder auf dem Rand der Baugrube liegt, gibt es weitere Informationen auf der Homepage.

Aus seinen Berechnungen ergibt sich eine Absenkung von 4,57 m; das Absenkziel wird also knapp verfehlt, denn die erforderliche Absenkung beträgt 4,60 m; da die Absenktiefe aber einen Sicherheitszuschlag von 0,5 m beinhaltet, wird das Ergebnis akzeptiert.

Mit ProAqua lässt sich dieses Ergebnis genau reproduzieren, wenn man für den Bemessungswasserandrang in der grafischen Dimensionierung den Wasserandrang aus der Vordimensionierung übernimmt. ProAqua legt den Wasserandrang Q für die Mehrbrunnenformel mit Hilfe von Dimenionierungspunkten fest. Wir setzen also einen Dimensionierungspunkt in die Baugrubenmitte und wählen im Dimensionierungsdialog für die Bemessungswassermenge die Option "Eingabe"; im entsprechenden Eingabefeld tragen wir den Wasserandrang aus der Vordimensionierung ein.

In Übereinstimmung mit Knaupe wählen wir die Randbedingung R - H; Informationen zu diesem Thema finden Sie in einem Text, der auf der Homepage zu finden ist.

Mit diesen Vorgaben berechnet ProAqua ebenfalls eine Absenkung von 4,57 m in der Baugrubenmitte. Um die Absenkung in einem gezeichneten Punkt anzuzeigen, klickt man über dem Punkt mit der rechten Maustaste oder beobachtet die Statuszeile - im dritten Feld wird die Absenkung am Schnittpunkt des Fadenkreuzes angezeigt.

 

Exkurs: Der Wasserandrang im Dimensionierungspunkt

Für die Berechnung des Wasserandrangs unter Berücksichtigung seiner Lage gibt es mehrere Wege:

Ende des Exkurses

ProAqua weist oben darauf hin, dass etwas nicht in Ordnung ist "Dimensionierungspunkte" ist rot geschrieben. Beachten Sie auch das Ampelsymbol in der Toolpalette links; die Ampel zeigt rot! Ein Klick auf sie zeigt dieses Fenster an:

Grafik


Schauen wir uns die "Wasserkarte" an, so sehen wir, was nicht stimmt. Klickt man dann noch auf Symbol über der Ampel, dann werden auf der Baugrubenumrandung Bereiche markiert, in denen das Absenkziel nicht erreicht wird.

Das Absenkziel wird nur in eiförmigen Bereichen um die Brunnen herum erreicht, und an den Seitenmitten wird es deutlich verfehlt.

Ein Schnitt durch die Baugrube zeigt, dass die ungünstigen Punkte der Absenkung nicht in der Baugrubenmitte liegen, denn dort ist die Absenkung am größten, sondern am Rand der Baugrube, zu dem hin die Absenkkurve ansteigt. Wir sollten also einen Dimensionierungspunkt auf den linken oder rechten Baugrubenrand setzen...

Grundwasserabsenkung - mit ProAqua berechnet

Der erste Fehler im obigen Beispiel besteht darin, dass der Wasserandrang aus der Vordimensionierung auch für die Dimensionierung der Mehrbrunnenanlage verwendet wird. Herth/Arndts haben aber darauf hingewiesen2, dass der Wasserandrang in einem nachzurechnenden Punkt unter Berücksichtigung der geometrischen Situation (Abstand zu den Brunnen) gesondert bestimmt werden muss. Dazu wird für die Stelle, an der die Absenkung berechnet werden soll, ein lokaler Ersatzradius ARE ermittelt.

Im ersten Schritt übernehmen wir für den Dimensionierungspunkt in der Baugrubenmitte den für ihn berechneten Bemessungswasserandrang und wählen "Q-Bemessung: Punkt"; weil es bisher nur einen Dimensionierungspunkt gibt, könnten wir ebenso gut "Maximale Menge" oder "Mittelwert" wählen.

Es zeigt sich, dass der Wasserandrang hier mit 0,0553 m³/s etwas größer ist als der in der Vordimensionierung ermittelte Wert (QVdim = 0,0547 m³/s).

Durch diese Korrektur ergibt sich mit ProAqua ein besseres Ergebnis. Ein deutlich größerer Teil der Baugrube wird trockengelegt.

Normalerweise würde man in einem zweiten Schritt Dimensionierungspunkte auf die Baugrubeneckpunkte setzen und den maximalen Wasserandrang für die Berechnung übernehmen. In diesem Fall ist das wegen Symmetrie der Anordnung nicht erfolgreich, denn die Ersatzradien und Wassermengen sind für alle Punkte gleich.

Hinweis
In der 1. Version dieses Textes wurden die Koordinaten der Brunnen etwas ungenau übernommen; dadurch ergab sich ein geringfügig größerer Ersatzradius für einen der Dimensionierungspunkte und ein etwa 1 m³/h größerer Wasserabdrang. Dies führte zu einer deutlichen Verbesserung der Absenkung, nur in kleinen Teilen der Baugrube wurde das Absenkziel nicht erreicht.

Dritter Schritt: Der zweite Fehler in diesem Beispiel ist der Nachweis in der Baugrubenmitte; aber auch die Verwendung von Dimensionierungspunkten auf den Eckpunkten der Baugrube ist nicht immer ausreichend. Hier gelingt die Dimensionierung erst dann, wenn wir den ungünstigsten Punkt auf der Baugrubenumrandung suchen.

Grafik

Er liegt auf der rechten Seitenmitte und nicht an einer Ecke, wie es oft der Fall ist. Aus Symmetriegründen ist auch der Punkt auf der gegenüberliegenden linken Seite ebenso ungünstig (nicht aber die Mittelpunkte der waagrechten Begrenzungen). Wird die Bemessungswassermenge des ungünstigsten Punktes für die Berechnung übernommen, dann gelingt die Absenkung mit vier Brunnen doch noch und die Ampel steht auf grün.


1. Knaupe, W., Baugrubensicherung und Wasserhaltung, Berlin (1979), S. 289f.

2. vgl. Literatur S. 78 ff, Kapitel 2.3.1, "Gang der Berechnung".